EIN WORT ZUM NEUEN JAHR (1994)
Beitragsbild: VVN-VdA-Westberlinerarchiv, hier gemeinsam mit Emil Ackermann
Jutta Kausch
Auf der letzten Friko im Dezember ehrten wir Fritz Teppich. Michael hat schöne Worte gefunden, Fritz für die unermüdlichen Jahre des Einsatzes zu danken, und Fritz hat eine seiner flammenden Reden gehalten. Ich, vom „Mittelalter“ der Friedensbewegung, möchte nun, zu Beginn eines Jahres (das vielleicht wieder etwas Hoffnung bringt?) Euch alten Friedenskämpferinnen und Friedenskämpfern etwas sagen, was mir schon länger auf der Seele brennt:
Als ich 1980 die Initiative „Künstler für den Frieden“ mitbegründete, lernte ich Fritz in der Carmerstraße kennen, wo der „Teppichkreis“ einmal im Monat tagte auf seine Initiative hin. Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, dass damals immer nur zwei VertreterInnen (die Schreibweise gab’s noch nicht!) einer jeden Initiative an diesem Kreis teilnehmen konnten, weil sonst der Raum nicht ausgereicht hätte? Die Friedensbewegung, stark und groß, koordinierte ihre Aktivitäten! Ich war 28 Jahre, voller Eifer und Hoffnung, dass wir alle etwas bewegen könnten, was diese Welt weiterleben lässt. Ich glaube, wir waren zu dieser Zeit trotz der großen Ängste (vielleicht auch gerade deswegen, weil die Bedrohung so greifbar, spürbar war) voller Optimismus, dass wir diesen Rüstungswahnsinn stoppen könnten. Und die, die damals bereits einige Jahre Lebenserfahrung mehr auf dem Buckel hatten, schufen für unsere Höhenflüge die solide Basis. Jetzt, 14 Jahre später, sitze ich ernüchtert auf dem Boden dieser brutalen Gesellschaft, die täglich brutaler wird und erlebe, wie sie, ohne dass sie irgendjemand daran zu hindern scheint, alles Stück für Stück rückgängig macht bzw. kaputtschlägt, was sich Menschen an Rechten, Sicherheiten und Frieden erkämpft hatten. Und ich weiß, dass man nicht aufgeben darf, weiter für eine gerechte Welt zu streiten! Mir gelingt es aber kaum, meinen Zorn in produktive Kraft zu verwandeln, andere mitzureißen oder gar zu überzeugen, sich selbst zu bewegen. Meine Kraft reicht gerade mal dazu aus, mich selbst aufzurappeln und hier und da zu äußern, dass ich mit vielen Dingen nicht einverstanden bin… Ihr „Alten“ dagegen, habt Eure Wunden schneller geleckt, seid aufgestanden, um weiterzumachen, weiter zu überzeugen. Ihr schürt beständig die Glut, damit das Feuer nicht total ausgeht, und wenn es wirklich wieder einmal zum Brennen kommen sollte, ist das zu großen Teilen auch Euer Werk…danke!

Foto: Archiv der VVN-VdA; hier während der Festveranstaltung zum 40. Jahrestag der VVN, 1988